Donnerstag, 22. August 2013

Marktliberale Duftmarken in christlichen Medien

Im konservativ-protestantischen „Idea-Spektrum“ (Nr.33) ist kürzlich ein Gastkommentar von einem auch aus katholischen Medien bekannten Autoren, Alexander Kissler, erschienen. Er ereifert sich über den linkeren Teil unseres Parteienspektrums.
Es gibt in der Tat Gründe, sich über diese Parteien zu empören – so wie es auch nicht an Gründen mangelt, an den Parteien von der anderen Seite dieses Spektrums Anstoß zu nehmen.
Der Autor spielt, einen ungenannten durchgeknallten Blogger zitierend, feindselig auf einen für Christen in keiner Weise anstößigen Vorschlag einer grünen Politikerin an: ein Tag in der Woche solle in bundesdeutschen Kantinen fleischfrei bleiben (nur warum sagt sie denn nicht: der Freitag?). Und dann, einige Sätze weiter, wünscht er sich „kleine Schutzräume für Person und Gewissen“. Nun gibt es einiges, wo die Wünsche und Maßnahmen von Seiten dieser Parteien mit dem Gewissen zusammenstoßen können, von der Förderung der Abtreibung bis zur Diskriminierung therapiewilliger Homosexueller und ihrer Therapeuten. Doch davon ist in diesem Kommentar nicht die Rede. Stattdessen will er sich gegen „eine Einheitsfront der Regulierer, Eurokraten und Umverteiler“ verteidigen.
Das Wort „Umverteilung“ wird von wirtschaftsliberaler Seite als Kampfbegriff gegen die Solidarität benutzt, also gegen eine zentrale Forderung der christlichen Soziallehre. Und „Regulierer“ bezeichnet Politiker, die sich bemühen, eine ernsthafte Wirtschaftspolitik zu betreiben. Der Begriff „Eurokraten“ ist dazwischen ein Fremdkörper, denn von den Mächtigen der Europäischen Union und der Europäischen Zentralbank wird ja gerade marktliberale Politik forciert.

Es ist derselbe Autor, der sich über Erzbischof Zollitschs Ablehnung der „Alternative für Deutschland“ empörte. Nun ist die Währungspolitik um den „Euro“, die auf die Verschrottung der südlichen Länder Europas abzielt, wirklich verwerflich; ob der Ausstieg aus dem „Euro“ ein gutes Mittel dagegen ist, kann durch moralische Diskussion allein nicht geklärt werden. Doch daß die AfD für Christen nicht erfreulich ist, zeigt sich schon daran, daß zu ihren wichtigsten Unterstützern, bei ihrer Gründung in erster Reihe präsent und prominenter Redner in ihrem Dienst, Hans-Olaf Henkel ist, einst als Präsident des Bundesverbands der deutschen Industrie mächtiger Vorkämpfer des Marktliberalismus.

So scheinen sich christliche Medien einfangen zu lassen vom entfesselten Liberalismus, von – geistlich ausgedrückt – der Mamonolatrie.

Empfehlenswert zu lesen: Das Neue Testament, Matth. 6, 24 = Luc. 16, 13; Col. 3, 5

3 Kommentare:


  1. Andererseits kann ein Argument für die AfD nicht hochgenug eingeschätzt werden: Erzbischof Z. ist dagegen!

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  2. Da möchte ich mich dem guten Dilettantus anschließen.
    Außerdem gebe ich zu bedenken, daß die Anfragen einer Frau von Storch mit ihrem Fragenkatalog an den Freiburger (den Exzellenz mit glatter Dialogverweigerung beantwortet hat) einen durchaus christlichen Eindruck vermittelt hat, den ich bei der C-Partei deutlich vermisse.
    Wenn es eine Partei gäbe, die dem Modell des "rheinischen Kapitalismus" ernsthaft verpflichtet wäre, die auch eine realistische Chance für den Einzug ins Parlament hätte, ja dann...

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  3. Realistische Chance - nun ja; es ist unrealistisch, zu realistisch zu sein. Immerhin: den einen oder anderen Bürgermeister stellen wir ja schon.

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